Bugatti W16 Mistral: Der letzte Roadster mit dem 16-Zylinder (2024)

Mit dem 420 km/h schnellen W16 Mistral nimmt Bugatti Abschied vom stärksten Benzinmotor der Welt.

Herbie Schmidt

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Bugatti W16 Mistral: Der letzte Roadster mit dem 16-Zylinder (1)

Seit 2005 arbeitet ein Sechzehnzylinder-Motor in W-Bauweise als Herz aller Bugatti-Modelle. Acht Liter Hubraum, vier Turbolader, deutlich mehr als 1000 PS haben die Fahrzeuge aus Molsheim seit der Lancierung des Veyron befeuert. Das riesige Triebwerk war von Beginn an eine Herzensangelegenheit des VW-Konzernchefs Ferdinand Piëch, und bei der Konzerntochter Bugatti war der W16 bestens aufgehoben.

Die letzte Ausbaustufe leistet im Bugatti Chiron Super Sport ganze 1600 PS. Doch nun ist es in der Ära des CO2-Sparens dringend an der Zeit, von der Motoren-Ikone Abschied zu nehmen. Als letzter Bugatti mit Piëchs Lieblingstriebwerk feiert in Pebble Beach der Roadster W16 Mistral seine Weltpremiere. Und die Konzeption des offenen Hypersportwagens steht in logischem Einklang mit der Bugatti-Geschichte.

Vierzig Prozent aller Bugatti-Modelle waren bis heute offene Fahrzeuge, aufgrund ihrer oft spartanischen Ausrüstung nicht Cabriolet, sondern Roadster genannt. Drei Attribute waren stets genug für Firmengründer Ettore Bugatti und seinen Sohn Jean bei der Lancierung neuer Roadstermodelle: Schnell, leicht und offen mussten sie sein. Und nicht selten ganz in Schwarz mit gelben Kontrast-Elementen, aussen wie innen.

Bugatti W16 Mistral: Der letzte Roadster mit dem 16-Zylinder (2)

Diesem Prinzip folgt auch der neue W16 Mistral, der, wie sein direkter Roadster-Vorgänger Veyron 16.4 Grand Sport von 2008, über eine hohe Seitenlinie und eine nur geringe Fensterfläche verfügt. Auffallend an der Front sind der breite Hufeisen-Kühlergrill, die grossen Öffnungen links und rechts davon und die Scheinwerfer in vier übereinander angeordneten Streben. Zwischen ihnen gibt es schmale Öffnungen, die Luft aus den Radhäusern abführen.

Die Frontscheibe ist kaum durch A-Säulen von den Seitenscheiben abgeteilt, was eine Gesamteinheit im Visier-Look ergibt. Hinter den Seitentüren sind grosse Öffnungen integriert, die Kühlungsluft zum Motor hinter den beiden Sitzen führen. Eine Linie von den Türen hin zu diesen Lüftungsöffnungen erzeugt die typische Bugatti-Sichelform, wie sie an der Seite der meisten früheren Modelle zu finden ist.

Erinnerungen an den Veyron Grand Sport

Die Heckansicht zeigt die auffälligen Rückleuchten in V-Form mit dem dazwischen eingefügten Markennamen, der ebenfalls beleuchtet werden kann. Über dem Motor ist die Abdeckung ähnlich gestaltet wie beim Veyron Grand Sport: Zwei dicke Wulste über den Zylinderbänken sind bis zu den Kopfstützen der Sitze hochgezogen. Im ausgeprägten Heckdiffusor ist eine einzelne Auspuffmanschette integriert, die die vier Endrohre der Abgasanlage zusammenfasst.

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Innen entspricht der W16 Mistral bis ins Detail dem Chiron Super Sport, der auch die technische Basis liefert. Ist der Wagen bei der Vorstellung zunächst schwarz lackiert, kontrastiert das Interieur in warmem Gelb. Technische Daten des neuen Roadster sind erst bruchstückhaft vorhanden und vom Chiron Super Sport ableitbar. Klar ist lediglich, dass der Chefdesigner Achim Anscheidt neben dem gleichen Antriebsstrang eine deutlich kürzere Karosserie verwendet hat.

Auf die Frage nach der Wahl des Modellnamens, der ja bereits in einem 1963er Maserati verwendet wurde, hat Anscheidt eine einfache Erklärung: «Die lange Gerade der Rennstrecke Le Castellet heisst so, sie hat uns als ideale Spielwiese für den Roadster inspiriert», sagt er. «Zudem ist der W16 Mistral so schnell wie der gleichnamige Südwind.»

Der W16 Mistral entstand auch aufgrund des grossen Interesses von Käufern des Bugatti Chiron an einer offenen Variante der Baureihe. Nicht nur für Roadster-Liebhaber, sondern auch Sammler ist der neue Wagen ein Muss. Nur 100 Exemplare werden gebaut, 99 davon kommen in den Handel. Genau genommen stimmt das gar nicht – denn bereits vor der Weltpremiere waren alle Mistral verkauft, zum stolzen Stückpreis von fünf Millionen Euro. Gefertigt werden sie aber erst ab 2023, ausgeliefert nicht vor 2024.

Bugatti W16 Mistral: Der letzte Roadster mit dem 16-Zylinder (4)

Berühmte Bugatti-Vorbilder aus 110 Jahren Geschichte

Ein Blick auf die Ahnen lässt erkennen, woher der Chefdesigner Anscheidt beim W16 Mistral seine Inspiration schöpfte. Seit mehr als 110 Jahren entstanden unverwechselbare Roadster für den grossen Fahrgenuss. Vor allem Ettore Bugattis Sohn Jean entwarf ab Mitte der 1920er Jahre bis zu seinem Tod 1939 einige der berühmtesten Roadster der Automobilgeschichte, gebaut in kleinen Stückzahlen.

Ab 1930 baute Bugatti das Portfolio des Type 40 mit einem Roadster aus. Der Type 40A war nur 850 Kilogramm schwer und verfügte über einen 1,6 Liter grossen Vierzylindermotor mit 50 PS. Im gleichen Jahr entstand der Type 49 mit einem 3,2-Liter-Achtzylinder, der 90 PS leistete und bereits 145 km/h schnell war. Er gilt bis heute als einer der elegantesten Bugatti-Roadster.

Deutlich grösser war der Type 41 Roadster Esders von 1932 konzipiert. Sein Achtzylindertriebwerk war 14 Liter gross und leistete rund 300 PS. Mit seinem Radstand von 4,3 Metern und einer Länge von mehr als sechs Metern war der Wagen auf Basis des Bugatti Royale das grösste und stärkste Fahrzeug aus Molsheim.

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1934 kam der oberklassige Type 57 mit bis zu 200 PS und einer Roadster-Karosserie des Schweizer Karosseriebauers Gangloff mit dem Namenszusatz Grand Raid. Bis 1940 wurden rund 750 Exemplare gebaut. Der Bugatti Corsica Roadster von 1938 entstand beim gleichnamigen britischen Karosseriebauer. Der Wagen mit seinen fliessenden Formen und einem 3,8-Liter-Achtzylindermotor schaffte mehr als 200 km/h.

Erst 70 Jahre später setzte Bugatti seine Roadster-Geschichte mit dem Veyron 16.4 Grand Sport fort. Eine spezielle Monocoque-Konstruktion sorgte dafür, dass es im Vergleich zum Hardtop zu keinen Abstrichen bei den Leistungswerten kam. Der Veyron 16.4 Grand Sport erreichte ohne Dach 360 km/h und mit dem speziellen Polycarbonat-Dachelement mehr als 400 km/h.

«Mindestens 420 Kilometer pro Stunde schnell soll der W16 Mistral sein, wenn die Versuche mit den Prototypen abgeschlossen sind», nennt Designchef Achim Anscheid den Zielwert für den neusten Roadster. «Wir wissen, dass der Mistral immer seinen Platz in der Bugatti-Geschichte haben wird. Allein schon durch die Tatsache, dass er vermutlich der letzte je gebaute Wagen mit dem grossen W16 sein wird.»

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